DMUG-Archiv 2003

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Re: Antwort: Re: Bug?

Lieber Herr Kuska,

vielleicht liegt ja auch ein Missverständnis vor. 

Dass Im[] linear ist, heißt:

(1)   Im[ r*z] = r * Im[ z]  für relles r  und komplexes z. 
(2)   Im[ z + w ] = Im[z] + Im[w]  für  komplexe Zahlen z und w.

D.h.: Im ist eine reell-lineare Abbildung des zweidimensionalen Vektorraums 
der komplexen Zahlen in sich selbst.
Das gilt auch für Re[].

Für komplexe Funktionen f: C -> C gibt es ja auch eine Zerlegung in Real- und 
Imaginärteil:

f(z) = f1(z) + i*f2(z)  mit  f1(z) = Re(f(z)) und f2(z) = Im(f(z)) für alle z 
aus dem Definitionbereich von f. D.h.: Re und Im werden punktweise auf die 
komplexen Zahlen f(z) angewendet. Das heißt aber nicht, dass Im[f[z]] eine 
lineare Funktion in dem Sinne ist, dass der Graph eine Gerade ist.

Ursprünglich ging es ja darum, ob man den Grenzwertprozess mit der Funktion 
Im[] vertauschen darf. Da gilt nun, wie man im ersten Semester lernt, dass die 
Grenzwertbildung linear ist, wenn der Grenzwert existiert:
 
(1) Limit[ r*f, z->a] = r*Limit[ f, z->a] für komplexe Zahlen r und komplexe 
Funtionen f
(2) Limit[ f+g, z->a ] = Limit[ f, z->a ] +  Limit[g, z->a] für komplexe 
Funktionen f, g

Aus den Betrachtungen folgt daher, dass unter der Voraussetzung der 
Konvergenz Grenzwertbildung und Bildung des Real- bzw. Imaginärteils vertauscht werden 
können:

Limit[ Im[f], z->a ] = Im[ Limit[ f , z->a ] ]   bzw.  Limit[ Re[f], z->a ] = 
Re[ Limit[ f , z->a ] ]

Damit ist die Vertauschungsfrage geklärt.

Für Verzweigungen sind die Funktionen selbst verantwortlich. In der 
Funktionentheorie führt das auf Funktionen, deren natürliche Definitionsbereiche so 
genannte Riemannsche Gebiete über C, bzw. Riemannsche Flächen sind, die die 
komplexe Ebene überlagern. 
Der Funktionwert ist nicht nur vom Punkt z abhängig, sondern auch noch vom 
Weg, den man von einem Grundpunkt z0 bis nach z zurücklegt. Ist das 
Definitionsgebiet nicht einfach zusammenhängend, wie bei f(z) = 1/z, denn für z=0 ist 
nicht definiert, dann ist ln(z)=Integrate[ g'(t)/g(t),{t,0,1}], wobei g ein Weg 
mit g(0) = z0 und g(1) = z ist, der nicht durch 0 verlaufen darf. Hier kommt die 
Topologie ins Spiel.
Programme wie MMA müssen aber mit komplexen Zahlen rechnen, d.h. der 
natürliche maximale Definitionsbereich muss eingeschränkt werden. Die Art der 
Einschränkung ist aber nicht kanonisch, wie die Mathematiker so schön formulieren, 
sondern immer mit einer gewissen Willkür behaftet. Diese Willkür führt je nach 
Anwendung wieder zu weiteren Einschränkungen, die auch schon mal unerwünschte 
Ergebnisse liefern. Man muss sich also der Einschränkungen immer bewusst sein. 
Das ist unvermeidlich.

MfG

Stefan Welke
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DMUG DMUG-Archiv, http://www.mathematica.ch/archiv.html